Schönheit ist nicht in Mode. In der aktuellen Designszene versichert uns ein Großteil der angesehenen Gestalterinnen und Gestalter, nicht an Schönheit interessiert zu sein. Künstler vermeiden sie, um nicht in der Schublade »dekorativ« oder »kommerziell« zu landen. Und man kann stundenlang in Architekturbüchern blättern, ohne dem Begriff auch nur ein einziges Mal zu begegnen. Einst eine universelle Sehnsucht, endete das Streben nach Schönheit zu Beginn des 20. Jahrhunderts in einer Bruchlandung. Seitdem bekehren Designhochschulen ihre Studentinnen und Studenten zu modernistischen Prinzipien: Einheitlichkeit, Raster und rechtwinklige Kompositionen, gepaart mit einer Vorliebe für Schwarz, Weiß und Beige. Der gestalterische Ansatz beim Entwurf von Gebäuden, Produkten und grafischen Arbeiten wurde rein analytisch, die Materialwahl gänzlich rational, die Funktionalität das alleinige Ziel. Architekten und Gestalter gerieten mit ihren Entwürfen in den Sog einer nahezu psychotischen Einförmigkeit. Häuserblocks aus den 50er Jahren mussten Jahrzehnte später wieder abgerissen werden, weil sie sich als unbrauchbar erwiesen: Sie stellten keinen lebenswerten Wohnraum dar.Schönheit
Beauty – Sagmeister & Walsh
Übersetzung / Verlag Hermann Schmidt, 2018
Berlin, zehn Uhr fünfzehn, Editorial-Team-Meeting. Die Frisur: sitzt nicht. Die Überschrift: sitzt nicht. Die Sonne brennt – oder ist es schon wieder dunkel? Für die Extraportion Post tun wir einiges: Zum ersten mal haben wir über jeden Vortrag und jeden Workshop der TYPO berichtet, euch mit Neuigkeiten und Tipps versorgt. 24 Schreiber und vier Fotografen waren im Einsatz, um euch einen Eindruck von den Veranstaltungen zu geben, und haben zum Teil bis tief in die Nacht geschrieben, editiert und Bilder bearbeitet. Dennoch war die Stimmung im Team, das aus Designern, Schriftgestaltern, Illustratoren und Kultur- und Medienwissenschaftlern bestand, bestens – irgendwo zwischen Konzentration und k.o., zwischen come in und layout.Tempo
Alle Beiträge online!
Blogbeitrag TYPO Berlin, 2015
Unsere Gesellschaft ist stärker denn je durch eine Kultur des Visuellen geprägt. Fotografie ist dabei nicht nur ein Mittel der journalistischen und werblichen Kommunikation. Sie ist eine Kulturtechnik – wie Literatur oder Malerei – und damit auch ein bildgebendes Medium der Kunst. Durch die Digitalisierung und das Internet wird in der Fotografie zunehmend mit bewegten Bildern gearbeitet. Das Studium bietet den Raum zur Entdeckung und zur Verbindung all dieser unterschiedlichen Aspekte. Ihr erlernt die gestalterischen, handwerklichen und theoretischen Fähigkeiten, um zeitgemäße fotografische und filmische Lösungen zu entwickeln.Studium
FH Bielefeld, FB Gestaltung
Website-Texte Fachbereich Gestaltung, 2015
„Habt ihr Fragen? Gibt es Probleme? Wie weit seid ihr?“ So beginnen die Editorial-Meetings der Gruppe aus Designern, Schriftgestaltern, Illustratoren und Kultur- und Medienwissenschaftlern, die zweimal täglich im Halbdunkel des Pressebereichs stattfinden. Twitter statt Tageslicht, Facebook statt Frischluft, WordPress statt Wein, Weib und Gesang. Doch die Stimmung im Team ist bestens – vollstes Verständnis aus 60 viereckigen Augen. Als Salzstangen in einem Becher drapiert werden, in dem sich bereits Wasser befindet, wissen wir, dass es Zeit ist, Feierabend zu machen.Team
Blog around the Clock
Blogbeitrag TYPO Berlin, 2016
Der Lärm des Tages muss draußen bleiben. Handys, Termine und Treuepunkte dürfen für einen Moment ruhen. Hier geht es um wichtigere Dinge. Um Sie, um Brot und um rote Wangen. Industriell erzeugte Massenware interessiert uns nicht. Hier sind Sie dabei und sehen, wessen Hände den Teig formen. Riechen, welches Holz Ihr Brot befeuert. Spüren, dass wir uns Zeit für Sie nehmen. Die Backstube passiert um Sie herum – traditionell, anspruchsvoll und unmittelbar.Backen
Herr von Myra – Brotmanufaktur
Namensfindung / Werbetext, meier stracke, 2012
Fangen wir heute an, Ende November. Der Nebel verstärkt das Gefühl, dass die Welt um Artists Unlimited herum verschwunden ist. Seit Tagen Bildauswahl und Texten. Es gibt immer was zu tun. 900 Mails sind in diesem Jahr durch den Hausverteiler gegangen. Die Vorbereitungen für Superkauf laufen auf Hochtouren. Eine Theke wird gebastelt, die Einladungen müssen raus – dabei nicht die Buchhaltung vergessen. Und die eigenen Jobs. Und das Essen. Suppe auf der zweiten Etage. Auf der Dritten klingt gerade die Pancake-Phase aus, die Erste kümmert sich eher um die Getränke.
In der Galerie wird die Ausstellung dokumentiert. Uschi Jung, Malerei und Zeichnungen. Ausflug nach Berlin, um die Ausstellung unseres Gastkünstlers Steve zu sehen. Andere Arbeiten, als eine Woche vorher in unserer Galerie. Ich kenne sie vom Drübersteigen im Gastatelier. Kegeln – ohne diese Erfahrung will Steve das Land nicht verlassen. Die Drohung lässt uns kalt. Wir gehen trotzdem. Auf der Bahn nur große Biere. Wir warten lange auf Alle Neune. Das ist kein Sport für uns. Immer der Nase nach zur Eröffnung von On Your Own Again. Acht Liter Lenor auf dem Fußboden. Daneben zwei Lausbuben im Künstlergespräch.
Am Haus wird ein Gerüst aufgezogen. Wir sind umgeben von Baustellen, es dröhnt und donnert aus allen Richtungen. Spontane Karaoke-Party im Fahrradflur als Gegenmaßnahme, mit Schal und Mütze. Der Heizlüfter wird für einen Radiowecker gehalten. Handy-Videos gehen an alle Artists im Auslands-Einsatz. Ägypten, Israel und Argentinien. München geht leer aus.
Zurück in der Galerie hält Dagmar Weiß eine Lesung, bis ihre Stimme dünn wird. Eigene Texte in deutsch und englisch. Das Publikum rückt auf Bierbänken zusammen. In der Pause Gespräche über Pilzsammeln. Bilderwelten der Werbung, aus Magazinen, Talkshows und den Nachrichten. Galeriebesucher sitzen blinzelnd in den Projektionen von Franz Reimer. Jana Duda führt das Gespräch zur Eröffnung. Am nächsten Tag gemeinsames Frühstück. Nur der Künstler holt den Schlaf von mehreren Nächten nach.Rückblick
Momentaufnahme 2012
Beitrag zum Artists Unlimited Jahresprogramm
Ein schwarzes Tuch wird auf die Bühne gebracht und um einen Stapel Bücher gehüllt, der auf einem niedrigen Tisch steht. Es wirkt, als würde das Aufbau-Team einen aufwendigen Zaubertrick vorbereiten. Kurze Zeit später entpuppt sich die Konstruktion als pragmatische Kamera-Halterung, als Bühne auf der Bühne: Hier soll geblättert werden. „Die Geschichte der Printmedien ist eine wechselvolle“, beginnt TYPO-Moderatorin und Texterin Sonja Knecht das Gespräch und verweist darauf, dass viele Zeitungen und Magazine um ihr Überleben kämpfen,Print
Christoph Amend: Haltung und Charakter …
Blogbeitrag TYPO Berlin, 2015
So beginnt Martin Tiefenthaler seinen Vortrag zur „semantischen Aufladung von Großschreibung“ in einer wohlwollenden Atmosphäre mit gebannt lauschendem Publikum. Ihm geht es um Glaubwürdigkeit. Das stellt er zu Beginn klar. Um die Glaubwürdigkeit unserer Kultur der Groß- und Kleinschreibung, ein „weltweit einzigartiges System, das viel zu wenig hinterfragt wird“. Über Lesbarkeit oder Rechtschreibung will Martin Tiefenthaler an dieser Stelle nicht sprechen – obwohl er es sicher könnte – sondern vor allem über den Zusammenhang von Typografie, Macht und gesellschaftlichen Wandlungen.Versal
Martin Tiefenthaler: Wie glaubwürdig …
Blogbeitrag TYPO Berlin, 2015
Wir dolmetschen nicht einzelne Worte, sondern Ideen, Kontexte, Emphase, Leidenschaft … Und Menschen kommunizieren nicht nur verbal, sondern auch mit Mimik und Gestik. Um wirklich gut zu dolmetschen, musst du also sowohl die Redner und Rednerinnen sehen, als auch – weil das ja der inhaltliche Input ist – ihre Präsentationen. Überdies sind wir am liebsten mit im Saal, wenn auch in unseren Kabinen, weil wir dann auch die Vibrations im Publikum spüren.Sprache
In English, please
Blogbeitrag TYPO Berlin, 2017
Brandschutz. Immer wieder. Begehungen vom ISB. Begehungen von Frauen, die geheimnisvoll in ihr Diktiergerät flüstern. »Wir sind hier in einem Bad. Die Wände sind gefliest …«. Das Haus wird neu vermessen. Und noch mehr Leute wollen es sehen. Das NRW Kultursekretariat besucht uns mit einer Abordnung von Kuratorinnen aus Israel, Indien und Taiwan. Wieder einmal die Feststellung, dass sich im ganzen Haus keine einzige Glaskaraffe auftreiben lässt, in der man Leitungswasser gesellschaftstauglich servieren kann. Nur einenAlltag
Momentaufnahme 2011
Beitrag zur Artists Unlimited Zeitung, 2011
Ein Pinkeln, ein Lachen, ein Solo. Das Rauschen der August-Bebel-Straße, vorbeifahrende LKW und Bass-Spuren, die die Fenster zittern lassen. Die Bäume und der Wind, der um das Haus pfeift. Ein Zuhören. Ein Telefon. Ein offenes Ohr der ehemaligen Artists. Es sind Gespräche von Fenster zu Fenster. Kurz hören, wer Galeriedienst hat. Eisentüren, die ins Schloss fallen. Das Rumoren des Fahrstuhls, wenn er sich 2.000 Quadratmeter Zentimeter für Zentimeter erkämpft. Und Ruhe. Manchmal plötzlich, fast unheimlich.Jubiläum
Von Sinnen – 25 Jahre Artists Unlimited
Artists Unlimited Publikation NOW, 2010
Sonne mustert meine Wände / von Mustern sonnig mein Gesicht / Sommertag erfüllt die Decke / Matratze schwitzt und keucht / ich nicht / Mein kleiner Zeh verlangt nach Kühle / mein Fuß erklimmt die Deckenlose / ihm folgt das Bein / das sehr an ihm
hängt / nun aus dem Bett / Und viel zu unrasiert / ich weiß. / Ade, du Sommertag / bin zu behaart. / Die Klinge blinkt verheißungsvoll / vom Knöchel zum Knie / Knöchel zum Knie / Knöchel zum Knie / Haare fließen ab in Kanäle, / denen keiner folgen mag.Dame
Gilette
erschienen in Neben mir Zwei leere Stühle, 2006
Welt, die keine Klarheit mehr hergibt. Unklarheit, die in der Welt keinen Platz findet. Was macht den Mensch zum Mensch? Seine Gefühle, nach denen er handelt? Die Erinnerungen, die ihn weise machen? Die Sprache, mit der er all das mitteilen kann? Was aber, wenn die Leitungen unterbrochen sind? Wenn Zurückliegendes nicht mehr greifbar ist und jede Frage eine Sekunde Schmerz ist, im Ringen nach Antworten. Wenn jede Frage ins Bewusstsein ruft, dass die Antworten verschwunden sind. Wenn Namen verschwinden,Schmerz
Die Gedanken sind frei
Text zum Thema Alzheimer, 2004
Spiegelnde Straße spottet meinen Reifen. Lacht mich aus. Hakt sich bei mir ein um zu Schunkeln. Mein Auto, ein Karussell ohne Ausstieg. Machtlos. Ausgeliefert. Entgegenkommende Scheinwerfer setzen mich ins Rampenlicht. Kenne meinen Text nicht. Bete, fluche, schreie. Bremse um mein Leben. Bremse ins Leere. Der Körper besteht nur aus rechtem Bein, gebündelt von Angst, verkrampft vor Verzweiflung. Bäume, eben noch schummrige Schatten am Rande des gähnenden Heimwegs.Bremsen
Rindenkuss
Erzählung zu einem Autounfall, 2004